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Douro Pinhao Weinbau Portugal

Von qualitätsorientierten Winzern, traditionsreichen Portweinmachern und einem ehrwürdigen Institut

Douro Pinhao Weinbau Portugal Portwein
Ach so schön ist Portugal: am Douro-Fluss, der Heimat der Portweintrauben.

Galeria de Fraudes – Ausstellung der Betrugsfälle. Diese kuriose Schau findet man im Internetauftritt des Portweininstituts. Gemeint sind als Portwein verkaufte Flaschen, die nach den Regeln des Instituto dos Vinhos do Douro e Porto (IVDP), wie die Einrichtung mit vollem Namen heißt, gar kein Portwein sind. Also etwa weil die Trauben des Grundweins nicht aus dem Anbaugebiet am portugiesischen Fluss Douro stammen.
Die sogenannte geschützte Herkunftsbezeichnung ist etwas, das bei der Bezeichnung von Wein, aber durchaus auch von anderen ursprünglich mit ihrem Herkunftsgebiet verknüpften Produkten überall eine große Rolle spielt. Und dass etwa Weinregionen ihre Regulierungsbehörden haben, die über die Einhaltung der Vorgaben achten, ist beileibe nichts Ungewöhnliches. Der „Kontrollrat der Qualifizierten Herkunftsbezeichnung Rioja“ etwa betreibt sogar eine Internetseite, die speziell auf das deutsche Publikum abgestellt ist. Eine „Galerie“ gibt es dort auch – allerdings werden anheimelnde Hochglanzbildchen gezeigt, niemand angeprangert.

 

Ein bisschen bierernst – auch wenn das Bild hier nicht ganz passt – scheinen die Wächter des portugiesischen Douro-Weins und des Ports wohl zu sein. „Drei Mal sind die Inspektoren des IVDP diesen Monat schon bei uns gewesen, unangekündigt natürlich, und haben eine Flasche mitgenommen,“ stöhnt auch José Paulo Menéres, Vertriebsassistent bei der Portweinkellerei Andresen in Vila Nova de Gaia, wie die Porto direkt gegenüberliegende Stadt an der Douromündung heißt und wo fast alle der namhaften Portweinhersteller ihren Sitz haben. „Wir haben schon überlegt, ob die vielleicht ein großes Fest feiern wollen und noch Getränke brauchen“, setzt José Paulo mit einem unübersehbaren Augenzwinkern hinzu. Denn alle Proben werden im Institut zunächst anonymisiert und dann erst technisch analysiert und verkostet. Unabhängig und unbeeindruckt vom Namen des Erzeugers oder des Produkts soll eine objektive Untersuchung stattfinden.

Wo geht es hier zum echten Portwein? Das „Instituto dos Vinhos do Douro e Porto“ weist den Weg.
Wo geht es hier zum echten Portwein? Das „Instituto dos Vinhos do Douro e Porto“ weist den Weg.

Aber worauf kommt es dem IVDP eigentlich an? Unter Missão – Mission – kann man dies auf der Seite des Instituts nachlesen: Über die Menge und die Qualität des Portweins zu wachen, indem die Herstellung durch Vorschriften geregelt wird, steht dort etwa. In der Praxis heißt das, dass das IVDP den Winzern am oberen Lauf des Douros und den Portweinherstellern – die in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen – sagt, wie sie arbeiten sollen. Auch was überhaupt zum geschützten Herkunftsgebiet gehört und welche Lagen welche Qualitäten hervorbringen (in den Kategorien A bis F!), klassifiziert die Einrichtung. Sie überprüft die eingereichten oder selbst gezogenen Proben und erteilt die Erlaubnis (oder eben nicht), einen Portwein als solchen zu vermarkten. Und sie vergibt ein Siegel, das jeden einzelnen Flaschenhals ziert.

Der Auftritt des IVDP als graue Eminenz, der auf den ersten Blick ein bisschen skurril und übertrieben anmuten mag, ist für den Endkunden durchaus von Vorteil. Denn so unberechenbar beispielsweise die Besuche des Instituts bei den Produzenten sind, so glaubwürdig wird es gerade dadurch bei den Freunden des (Port-) Weins angesichts der Durchsetzung von Standards. Diese haben natürlich den Sinn und Zweck, „das Prestige der Geschützten Herkunftsgebiete Porto und Douro international zu vermehren“, wie es in den Statuten heißt. Aber wenn das über die unternehmerische und technische Beratung der Winzer und Kellereien, die Beurteilung der einzelnen Anbauparzellen und notfalls auch über sanktionierende Eingriffe geschieht – umso besser für den, der sein Glas Douro- oder Portwein genießen möchte!

Und so haben letztlich alle etwas davon – Verbraucher, Händler, Winzer, Kellereien. Das weiß José Paulo von Andresen natürlich auch. Etwa die Qualifizierung des Grundweins – eine Kombination sowohl der Güte der Lage selbst als auch des Weins, den der Winzer daraus gewonnen hat – nimmt das IVDP dem familiengeführten Betrieb ab. „Wir kaufen nur Spitzen-Grundweine, also das, was das IVDP mit der Bestnote A ausgezeichnet hat“, erläutert José Paulo. So dass sich die auf Qualitätsportos spezialisierte Kellerei ganz der Weiterentwicklung des verstärkten Weins widmen kann, wenn dieser im Frühjahr vom Douro-Winzer bei Andresen angeliefert wird.
Tatsächlich waren es die Winzer und Portweinexporteure selbst, die 1933 das Institut aus der Taufe hoben, weil sie wussten, dass eine strenge Qualitätskontrolle ihnen auch selber nützen würde. Im Logo des IVDP steht allerdings eine andere Jahreszahl: 1756. In jenem Jahr gründete der legendäre Marquês de Pombal die Companhia Geral da Agricultura das Vinhas do Alto Douro, was so etwas wie eine der ersten Geschützten Herkunftsbezeichnungen avant la lettre darstellte. Ein Schock für andere Weinregionen, die nun nicht mehr an die Portweinkellereien verkaufen durften. Aber ein konsequenter und richtiger Schritt hin zu einer klaren Definition dessen, was Douro- und was Portwein auszumachen hat. Das IVDP, das seit 2003 nicht mehr nur Portwein-Institut ist, sondern sich – konsequenterweise – auch um die Belange der Douro-Weine kümmert, hat seinen Hauptsitz in Peso da Régua, also mitten im Anbaugebiet. Das Institut in Porto selbst ist formal nur Außenstelle.

Flasche leer? Bei Álvaro van Zeller ist noch viel Sprit im Tank!
Flasche leer? Bei Álvaro van Zeller ist noch viel Sprit im Tank!

Dass letztlich alles zusammen-kommt – der Qualitäts-Grundwein aus dem Nordosten Portugals, die Unterbrechung des Gärprozesses mit geeignetem Branntwein, die Reifung zum hochwertigen Portwein, die Zusammenschau für das Ganze – weiß wohl kaum einer so gut wie der Winemaker der Kellerei Andresen, Álvaro van Zeller. Hier, in einer der letzten familiengeführten Bodegas, ist er Herr über den Port. Doch auch im Douro-Gebiet zeichnet er für – in der Portweinstadt zur Unterscheidung als still wines bezeichnete – Rot- und Weißweine verantwortlich, etwa im von ihm mitgegründeten Gut Barão de Vilar. Eine Zeitlang hat er auch beim Portwein-Institut gearbeitet und weiß daher bestens Bescheid darüber, was besonders geschätzt wird von den Wächtern über die Qualität.

In seinem spartanisch eingerichteten Büro und Labor bei Andresen macht Álvaro auf den ersten Blick eher den Eindruck eines geflissentlichen Laboranten: eine schlaksige Gestalt in weißem Kittel inmitten all der größeren und kleineren Flaschen, die sich an den Wänden aufreihen. Doch sobald man mit ihm ins Gespräch kommt, merkt man, dass der Elan des Endfünfzigers keineswegs an den gekachelten Wänden seines Arbeitsraums endet. Mal erzählt er begeistert von seiner Arbeit bei Andresen, mal beugt er sich über den Computer, um einem das neueste Weingut am Douro zu zeigen, wo er mithilft. Und als zwischenzeitig das Gespräch auf das Juwel der Bodega kommt – eine Colheita von 1900! –, fackelt er nicht lange, zückt eine der raren Flaschen mit dem edlen Stoff und gießt dem Besucher einen ordentlichen Schluck davon ein.
Hier ist jemand am Werk, der am Institut d’Oenologie in Bordeaux und an der Universität São Paolo seine Grundlagen erwarb und enorm viel Praxis erworben hat, unter anderem in der berühmten Quinta do Noval, die der Axa-Konzern 1993 aufkaufte. Álvaro ist jemand, der mit Leidenschaft und Energie dabei und sich nie zu schade ist, immer mal etwas ganz Neues – und gelegentlich auch Unerhörtes zu machen. Und sei es, bei der Confraria do Vinho do Porto – einer ehrenwerten Gesellschaft, die in ihren roten Roben und schwarzen Hüten als Botschafterin für das Kulturgut Portwein eintritt – mit wehendem Gewand auf einem Jetski den Douro entlangzubrausen. Sozusagen zur Auflockerung der sehr traditionellen Regatta der alten Portweinsegler, die jedes Jahr im Juni ausgetragen wird.

Andresen Port Colheita 1900
Zeitreise: Von Álvaro van Zeller signierte Colheita von 1900.

Und natürlich ist er auch bei Andresen goldrichtig. Diese Portweinkellerei im Herzen von Vila Nova de Gaia ist vordergründig eine von der unauffälligen Sorte: Den Haupteingang in einer kleinen Wohnstraße übersieht man glatt. Hier befindet man sich in der Tat in einer Nische und hat kein Problem damit zu sagen, dass man zu den kleinsten Kellereien in Gaia, wie man die Portweinstadt hier verkürzend nennt, gehört – gemessen an der Verkaufsmenge, wohlbemerkt.

In dem Massenmarkt der jungen Rubys – Portweine, die nur kurz im großen Tank reifen und dann auf die Flasche und in den Verkauf gehen – spielt man gar nicht mit. Gereifte Tawnies (von roten Reben stammende, aber durch die Lagerung lohfarben gewordene) und weiße Ports, Vintages und Late Bottled Vintages stehen bei Andresen auf dem Programm. Besonders stolz ist man jedoch auf die Colheitas –lange im Holzfass gereifte Portweine. Auch der 1900er liegt noch im Fass und nur zu besonderen Gelegenheiten werden ein paar Flaschen damit gefüllt.
Vielleicht haben Álvaro und der Gründer der Kellerei, Jann Hinrich Andresen, etwas gemeinsam: Kreative Unruhe und die Lust auf das Ungewohnte und Neue. Als der auf der Insel Föhr gebürtige Jann Hinrich 1839 mit gerade einmal 14 Jahren auf einem Handelsschiff anheuerte und nach Porto fuhr, präsentierte er, während des Landgangs der Crew, neugierigen Bürgern für ein paar Münzen ein Eisbärenfell – im Portugal der damaligen Zeit etwas sehr Exotisches. Der Kapitän schätzte diese Geschäftsidee gar nicht und ließ den jungen Andresen aus Zorn zurück. Das spätere Geschäftsmodell, eine Kellerei zu gründen, sollte sich als weitsichtiger erweisen. Wir sind Portwein!, kann der Familienbetrieb heute mit Stolz sagen. Wir, die Hüter der behutsamen Reifung, im Verbund mit qualitätsorientierten Winzern und unter der Kontrolle des Portweininstituts.

(siehe auch Neues von den Douro Boys)

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