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Beaujolais Juliénas Chénas Straßenschilder Ortsnamen Cru Appelation

Beaujolais zwischen allen Welten

Da das Beaujolais geographisch schon schwer zuzuordnen ist, sollte es sich umso mehr inhaltlich positionieren

Beaujolais Reben Berge
Beaujolais! Schön, aber…

Beaujolais, was ist das? Wenn man diese Frage in Deutschland stellen würde, bekäme man sicherlich häufig als Antwort: Ein junger Wein. Gemeint wäre der Beaujolais Nouveau, wohl noch immer das bekannteste Produkt aus der Gegend, aber sicher nicht das einzige. Manche würden vielleicht auch sagen: eine Weingegend. Das ist richtig, auch wenn sie in zwölf Bereiche mit teils ganz anderen Namen unterteilt ist. Gut, mag man meinen, das ist auch in anderen Anbaugebieten so, etwa im Sud-Ouest, das sich aus so unterschiedlichen Untergebieten wie Madiran oder Cahors zusammensetzt.

Beaujolais Juliénas Chénas Straßenschilder Ortsnamen Cru Appellation
Wo geht es lang?
Manche Ortsnamen sind gleichzeitig Cru-Appellationen.

Allerdings ist schon ziemlich speziell, dass das Beaujolais, das selbst schon ein Überbegriff für die Appellationen Beaujolais, Beaujolais Villages und die zehn Cru-Appellationen ist (Saint-Amour, Juliénas, Chénas, Moulin à Vent, Morgon, Chiroubles, Fleurie, Brouilly, Côte de Brouilly, Régnié), weinrechtlich zum Burgund gehört. Gut, mag man meinen, das sei nur eine formale Zugehörigkeit, die aber in der Praxis keine Rolle spiele. Falsch, denn diese Einordnung erlaubt es manchen Beaujolais-Winzern, Weine unter Burgund-Appellationen auf den Markt zu bringen. (siehe Kuriose Weingesetze) Das ist irgendwie so, wie wenn Württemberger Winzer ihre Gewächse auch als Badischen Wein vermarkten dürften: Das muss kein schlechtes Produkt sein, aber wirkt doch irgendwie schräg, wenn man das Ganze aus Verbrauchersicht betrachtet.

Ist das Beaujolais eher Burgund oder Rhône?
Burgunder Beaujolais Zufahrt Weingut
Wohin gehört das Weingut? Mancher Beaujolais vermeidet seine Herkunftsbezeichnung, mancher Burgunder dagegen ist aus dem Beaujolais.

Genauso gut könnte man die Gegend in Mittelostfrankreich der Rhône zuschlagen. Tatsächlich verteilt sich das Anbaugebiet auf die beiden Départements (so etwas wie Landkreise) Rhône und Saône-et-Loire. Die größere Verwaltungseinheit ist dagegen Bourgogne-Franche-Comté. Hinsichtlich der geographischen Zugehörigkeit liegt das Beaujolais also zwischen verschiedenen Welten.

Beaujolais Château des Jacques
Château des Jacques investiert in die Zukunft, hier werden seriöse Cru-Weine gekeltert.

Die Hauptrebsorte des Beaujolais ist der Gamay. Diese ist zwar in Burgund auch zugelassen, allerdings nicht für die großen Qualitäten und sie spielt auch insgesamt eine klare Nebenrolle. Der Gamay ist ertragreich und reift recht früh. Man ist vielleicht nicht geneigt, ihn zu den edelsten Rebsorten zu zählen. Aber gerade die Winzer in den Cru-Appellationen zeigen, dass sich aus den vielen alten Rebanlagen auf granithaltigen Böden bei selektiver Handlese sehr respektable Weine keltern lassen, bei denen die Frucht eine große Rolle spielt, die aber durch entsprechenden Ausbau auch an Struktur gewinnen und Lagerfähigkeit zeigen. Wichtiger als die Rebsorte dürfte wahrscheinlich ohnehin der Weinstil sein, den man prägt, und der sich dann mit dem Herkunftsnamen in den Köpfen verankert. So hat etwa der Muscadet von der Loire durchaus seinen Platz erobert (Apéritifwein, Meeresfrüchtebegleiter), obwohl die Rebsorte Melon de Bourgogne nicht unbedingt als spannend bezeichnet werden kann.

Interne Querelen
Beaujolais Château du Moulin à Vent
Heißt nicht nur Château, sondern sieht auch so aus: Château du Moulin à Vent.

Aber welcher Weinstil soll es sein? Der Beaujolais Nouveau, so zeigt es die Anschauung, aber so steht es auch in einem Papier des Französischen Landwirtschafts-Ministeriums („Le Vignoble du Beaujolais, ses organisations de producteurs et son organisation interprofessionnelle“, 2015), hat an Prestige eingebüßt („Une image du Beaujolais Nouveau parfois altérée“). Von über 60 Millionen Flaschen in den 1980er Jahren ist man auf etwa 25 Millionen gefallen – immer noch eine stattliche Menge, aber der Trend ist klar. Schwerer wiegt wahrscheinlich der Fortgang des oben zitierten Satzes („Une image du Beaujolais Nouveau parfois altérée qui rejaillit sur l’ensemble de la gamme“), nämlich dass das weniger positive Bild des Beaujolais Nouveau auf alle Produkte des Anbaugebiets zurückfällt. Die Winzer, die immer noch große Mengen des Jungweins absetzen, haben verständlicherweise weniger Interesse an zu radikaler Veränderung. Dass der Markenname Beaujolais durch den Beaujolais Nouveau für viele Verbraucher womöglich verbrannt ist und dass man ihn entweder mit massivem Aufwand neu definieren oder die Qualitätsprodukte unter anderem Namen lancieren müsste, will man beim Verband Inter Beaujolais nicht so gerne hören. Aber wundern darf man sich dann sicherlich nicht, dass die Winzer aus den Cru-Appellationen den Begriff Beaujolais auf ihrem Etikett lieber vermeiden, trotz der als Stärke ausgegebenen „notoriété“, dem Bekanntheitsgrad des Hauptgebietsnamens.

Beaujolais Unterschiede Image
Vieles überzeugt, aber ein erkennbares Gesamtbild ist bis jetzt nicht greifbar.

Überhaupt die Verbände. Viel ist passiert in den letzten Jahren, mal gab es die Scheidung der Cru-Winzer von denen der großen Beaujolais-Appellationen, dann hat man gemerkt, dass man bei allen Differenzen doch irgendwie zusammenarbeiten sollte. Dass es funktionieren kann, Hochqualitätsweine und einfachere Chargen in einem System zu klassifizieren, wobei das Prestige der Spitzenprodukte auf die anderen abstrahlt, macht das Burgund erfolgreich vor. Und obwohl man weinrechtlich zusammengehört und viele Burgunderhäuser auch Flächen im Beaujolais besitzen – so etwa Louis Jadot mit Château des Jacques –, so fällt es nach wie vor schwer, vom großen Bruder zu lernen. Aber gerade wenn man sich zwischen so vielen Stühlen befindet, heißt es seinen Platz zu finden. Angesichts vieler sehr guter Weine aus dem Anbaugebiet ist es ein Jammer, dass es noch keinen gängigen Begriff gibt, mit dem alle Winzer aus der Region stolz und einig für sich werben könnten. Und der für Weinliebhaber auf der ganzen Welt handhabbar wäre.

4 Kommentare

  1. Danke für den netten Beitrag. Was ich als Winzer, der auch Kollegen aus Beaujolais kennt, anmerken möchte:
    Leider beherrscht das Gebiet die Tradition. Z.B. wird genau vorgeschrieben wie lange ein Beaujolais auf der Maische liegen darf, drei Tage, denn er soll nur wenig Tannin haben. Auch dürfen die Trauben nicht entrappt werden. Wer dies dennoch tut darf diesen Wein nicht unter der AC vermarkten, nur als Tafelwein. Zudem ist quasi nur Gamay als AC zugelassen.Hinweis: Um Rotweine mit spannendem Charakter zu erzeugen, die auf dem Weinmarkt erfolgreich vermarktet werden können bedarf es Tannin aus der Maische, andere Rebsorten u.a. . Dies nur ein kleines Beispiel wie die vielgeliebte Tradition den Winzern ihren Markt verbaut. Ich bin froh in Deutschland Wein zu machen, denn hier kann ich Produkte erzeugen, die der Markt interessant findet. Wir können leicht auf schnelle Veränderungen reagieren und die Oenologie den Anforderungen anpassen. Das Gebiet hat enormes Potential. Leider darf dies nicht genutzt werden.

  2. Ich konnte vor einiger Zeit einen Fleurie von Julien Sunier probieren – und war von der Qualität begeistert. Es gibt sie also, die überzeugdenden Produkte aus dem Gebiet. Es kommt wie auch in Deutschland nicht nur auf die Lage, sondern auch den Winzer an.

  3. Weine aus dem Beaujolais sind in Deutschland recht schwer zu bekommen und meist auch sehr teuer. Ich besorge mir immer ein paar Kisten der Cru-Lagen direkt aus Frankreich und kaufe mir auch jedes Jahr ein bisschen Nouveau. Schade, dass sich die Region mit seltsamen Regeln das Leben selbst ein bisschen schwer zu machen scheint.

  4. In den 1960igern und 1970igern Jahre waren die Weine des Beaujolais ein Traum. Immer wieder waren sie nah an den einfachen Qualitäten des Burgund, mancher Erzeuger – gerade aus der Lage Fleurie – überraschte mit hochwertigsten Qualitäten. Bei Troisgros, Chapel, Bocuse – überall war der Beaujolais fester Bestandteil der Weinkarten und vielgelobt von den Sommeliers dieser Restaurants. Dann: Ein völlig falsches Marketing, bestimmt vom weltweiten ökonomischen Erfolg des Noveau, veränderte alles. Heute muss man neu beginnen und manche Winzer tun es auch. Ich freue mich schon heute auf das Morgen! Ich habe ja das gestern bereits genießen dürfen.

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