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Yes, I did it again: Lambrusco

 

Roter Perlwein, muss das sein? Warum nicht, könnte man entgegnen. Lambrusco wird in Deutschland zwar häufig als billige Massenware verramscht, aber es gibt auch gute Qualitäten des besonderen Weins.

Lambrusco
Qualitäts-Lambrusco: Alles andere als für die Tonne!

Nicht „Oops“, sondern „Yes, I did it again“ müsste der Titel heißen, wenn es um unsere Probierfreudigkeit einem vielgeschmähten italienischen Klassiker gegenüber geht: dem Lambrusco. „Yes“, denn es war keineswegs aus Versehen, „again“, denn natürlich haben wir, hat jeder schon einmal Lambrusco getrunken. Irgendwie, irgendwo, irgendwann. Wobei die Betonung auf irgend- liegt. Denn wer setzt seinen Gästen zu einem schönen Abendessen als Apéritif oder gar Essensbegleiter einen der roten Prickler vor?

Lambrusco Essensbegleiter Wurst Fleisch Schwein
Lambrusco ist durchaus auch ein geeigneter Essensbegleiter, etwa zu Wurst oder Schweinefleisch.

Vielmehr ist der italienische Perlweinklassiker hierzulande häufig als kostenlose Beigabe von Pizzalieferdiensten ab einer gewissen Bestellmenge bekannt. Was in einem solchen Falle zur Kundenbindung unangefordert mitgeliefert wird, wird von manchen Kunden womöglich eher als Bestrafung empfunden. Und ob der Kopfschmerz am nächsten Tag von der zweifelhaften Qualität des Gebräus herrührte oder davon, dass man ob der allzu süß-süffigen Beschaffenheit einfach zu viel davon hatte, ist letztlich eine akademische Frage. Es ist davon auszugehen, dass nicht die guten Qualitäten verschenkt werden. Und dass man mit dem Verramschen der untersten Schublade dem Image der ganzen Produktkategorie keinen Gefallen tut, ist auch klar.

Verschiedene Stile

Wir verraten es vorab: Es gibt guten Lambrusco. Die Bandbreite der zugelassenen Rebsorten und natürlich die Ausbauart lassen verschiedene Stile zu: vom Apéritifwein bis zum Essensbegleiter, vom zwiebelschalenfarbenen bis zum tiefroten, vom schlanken bis zum körperreichen Gewächs. Und ein Zweites sei auch schon verraten: Es gibt auch zart-süßen Lambrusco („amabile“), der überzeugen kann.

Lambrusco di Sorbara
Lambrusco kann hellrot und spritzig sein…

Mit dem Zucker ist es bei moussierenden Weinen ja ohnehin so eine Sache. Häufig fallen die Restzuckerwerte hier höher aus und trocken heißt in dieser Hinsicht etwas anderes als bei Stillwein. Trotzdem schmeckt man das Mehr an Zucker nicht im gleichen Maße, da die Kohlensäure die Wahrnehmung von Süße ein ganzes Stück weit überdeckt. So ist etwa beim Pezzuoli Lambrusco Grasparossa di Castelvetro amabile (alle besprochenen Weine sind aus dem Jahrgang 2016) der Restzucker schon merkbar, hält sich sensorisch aber durchaus im Rahmen. Ansonsten hat der Rote eine schöne purpurne Farbe, duftet nach Holunder, im Mund melden sich die Aromen von roten Beeren und ein sanftes Tannin. Überhaupt bei Perlwein Tannine zu spüren ist ein Erlebnis für sich! Und durchaus kein unangenehmes. Der halbtrocken schmeckende Colli di Scandiano di Canossa Lambrusco Grasparossa von Casali weist interessante räuchrige Noten auf und bietet auf seine Weise ein cooles sensorisches Erlebnis.

Lambrusco tiefdunkel
…oder dunkel und körperreich.
Lambrusco kann auch trocken sein

Aber es gibt eben auch eine ganze Bandbreite trockener Gewächse. Ambrogio Manzi vom Verband Enoteca Regionale Emilia Romagna glaubt, dass die Deutschen erst in Italien und während der letzten Jahre begonnen hätten zu verstehen, dass es trocken ausgebauten Qualitäts-Lambrusco gibt – und sich das „sweet-and-cheap“-Image hierzulande nun zu verändern beginne. Der Pietrarossa Lambrusco di Sorbara von Pezzuoli wirkt im Mund sogar supertrocken, verfügt über eine frische Säure und Aromen von Him- und Erdbeeren. Ein überzeugendes Produkt, allemal. Und meilenweit entfernt von dem notorischen Pizzadienst-Geschenk. Wer die Frucht nicht so sehr im Vordergrund haben möchte, ist etwa bei dem Fondatore Lambrusco di Sorbara von Chiarli gut aufgehoben, der sehr frisch und mit einer markanten Säure daherkommt.

Die sehr verschiedenen Untersorten der Lambrusco-Rebfamilie sorgen für gewaltige Unterschiede bei den Erzeugnissen. Lambrusco Grasparossa etwa ist richtig dunkelrot und erinnert auch geschmacklich an kräftigeren Rotwein, während der Lambrusco di Sorbara fruchtig-spritzig ausfällt und mit seiner hellroten Farbe fast wie ein Rosé aussieht.

Lambrusco Deutschland Konsum
Geht die Sonne für Qualitäts-Lambrusco in Deutschland langsam auf?

Für die Zurückhaltung nicht nur der Deutschen gegenüber Qualitäts-Lambrusco wirkt symptomatisch, dass der gesamte Export etwa des Weinguts Zanasi nur etwa ein Zehntel der Produktion ausmacht. Dabei ist etwa deren Sassostorno Lambrusco Grasparossa di Castelvetro ein ansprechend herbes, feinperliges Gewächs mit gutem Trinkfluss. Es scheint, als hätten noch immer fast nur die Italiener selbst einen Zugang zu diesen Nischenprodukten gefunden. Schade eigentlich!

(zu Schaumwein siehe auch Griechischer Wein)

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