Wo steht badischer Spätburgunder? Ein paar Eindrücke von VDP-Weingütern.
Badischer Spätburgunder hat formal ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland. Denn Baden ist das einzige deutsche Anbaugebiet, das in der Weinbauzone B liegt. Dort soll es also durchschnittlich wärmer sein. Ob Vor- oder Nachteil, ist Geschmackssache. Und wie immer kommt es drauf an, was man draus macht. Wir haben mal einige der aktuellen Gewächse probiert, also aus den Jahrgängen 2015 bis 2018.
Badischer Spätburgunder: Gutsweine
Die Gutsweine bilden die Basis der Qualitäts-Pyramide des Verbands Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP). Trotzdem wurden nicht besonders viele bei der „VDP-Pyramide“-Verkostung in Köln gezeigt im Februar. Eingeengt auf Baden und Spätburgunder blieb kaum etwas aus diesem Segment übrig. Zwei ziemlich konträre Vertreter sind der „Vom Löss“ von Franz Keller (2018) und der „Alte Reben“ (2017) vom Weingut Michel.
Der Keller-Spätburgunder lässt sich schon anmerken, dass er von der badischen Sonne verwöhnt wurde. Trotzdem wirkt er wie von einer gewollten Gutswein-Stilistik gebremst und geht nicht zu sehr in die Breite. Eine gelungene Mischung aus Frucht und Balsamik, Trinkfluss und Kraft. Der Wein zeigt zwar kaum Nase, am Gaumen aber wirkt er durchaus gelungen. Der „Alte Reben“ von Michel dagegen wirkt geschmacklich etwas zu komprimiert, verbreitet eine sensorische Aufregung, die man sich bei einem Gutswein nicht unbedingt wünscht.
Badischer Spätburgunder: Ortsweine
Bei den Ortsweinen geht schon wesentlich mehr, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Der „Ihringen“ (2016) von Dr. Heger macht dem „wärmsten Ort Deutschlands“, wie die Gemeinde sich selbst bezeichnet, alle Ehre: Ziemlich feurig kommt dieser Ortswein daher, ohne dabei allerdings in die Breite zu gehen. Der „Zell-Weierbach ‚Granit’“ (2016) von Freiherr von und zu Franckenstein hat eine etwas gewöhnungsbedürftige Nase, im Mund ist das aber ein netter Wein mit einer angenehmen Säurestruktur. Der „Durbach“ (2017) von Markgraf zu Baden ist ein schönes Beispiel für einen Ortswein. Er hat etwas badisch-Warmes, ohne es damit zu übertreiben. Ein bisschen unentschlossen wirkt er allenfalls. Badischer Spätburgunder auf Ortswein-Stufe mit Anspruch stellt der „Malterdingen“ (2017) von Bernhard Huber dar. Fruchtige und erdige Strukturen verbinden sich dort gekonnt, eine dosierte Balsamik tritt hinzu. Das Tannin ist fein, aber straff, die Säure wirkt stützend.
Badischer Spätburgunder: Erste Lage
Bei den Ersten Lagen kommt der „Schliengener Ölacker“ (2017) vom Weingut Blankenhorn mit einem Frischekick, einem Hauch Balsamik (Süßholz) und eingängigem Stil daher. Lämmlin-Schindlers „Mauchener Sonnenstück“ (2016) zeigt ein dunkles Rubinrot und eine üppige Nase, in der sich balsamische und Toast-Noten zeigen. Am Gaumen Sauerkirsche, viel Tannin, trotzdem ein weiches Mundgefühl, ein saftiger Wein. Das ist kein moderner Pinot-Stil, wirkt aber wie eine gute Hinführung zum Spätburgunder für denjenigen, der bislang mehr auf vollere Weine stand.
Auch einen Gaumenschmeichler hat das Weingut Bercher mit dem „Sasbacher Limburg“ (2016): Leicht erdbeerige Nase, am Gaumen mild und sanft, rote Beerenfrucht, die ansatzweise etwas Mazeriertes hat. Leicht mandelige Noten, ein leicht süßliches Tannin, wenig Frische. Eine dezente Nase hat der „Laufener Altenberg“ (2016) von Schlumberger-Bernhart. Am Gaumen zeigt er rote Beeren, etwas Steiniges, ein straffes Tannin. Recht ordentlich, gleichwohl ein badischer Spätburgunder mit keinem ganz klar umrissenen Charakter.
Badischer Spätburgunder: Große Gewächse
Bei den Großen Gewächsen schließlich gibt es auch wieder Hinführungen zum Spätburgunder, nur auf höherem Niveau: Der „Königsbecher“ (2015) vom Weingut Heitlinger hat eine angenehme Nase mit Frucht, Cassis, zarter Balsamik und mikrobiologischen Tönen. Am Gaumen ist der Wein leider geil. Will sagen badischer Spätburgunder der saftigen Art mit sehr schönem Mundgefühl, herber Rotfrucht (Wildkirsche), strukturiertem Tannin und zarter Balsamik. Ein stoffiger Wohlfühlwein für denjenigen, der (noch) kein Freund schlanker Pinots ist! Der „Frauenberg“ (2015) von Lämmlin-Schindler gefällt auf eine ähnliche Weise: Die Nase leicht animalisch und mit Tabaknoten, am Gaumen Kirsche und Kirschkern, Edelholz, vollmundig, guter Grip, leicht wärmend und mit einem angenehmen Mundgefühl ausgestattet! Reduzierterer badischer Spätburgunder aus der Große-Gewächs-Liga findet sich beim Weingut Schlör. Der „Oberer First“ (2017) zeigt durchaus Extrakt, bleibt aber im Rahmen. Saftige Rotfruchtaromen und eine stoffige Struktur werden durch ein Quantum Frische in Form gebracht. Ein schöner Wein.
Besonders von der Nase überzeugt der „Wingerte“ (2016) von Schlumberger- Bernhart und der „Schlossberg ‚Reserve’“ (2017) von Michel. Am Gaumen wird diese Eleganz nicht ganz gehalten, die Frucht wirkt etwas mazeriert. Sehr ordentlich kommt der „Leopoldsberg ‚Buchberg’“ (2016) vom Weingut Markgraf von Baden rüber, der mit Rotfrucht und Laub der Nase schmeichelt, am Gaumen kommt dann noch Süßholz dazu sowie etwas Mineralität und Frische. Beim „Feuerberg Kesselberg“ (2017) von Bercher wirkt die Nase sehr verhalten, am Gaumen ist das ein sehr stoffiger badischer Spätburgunder. Kirsche, feinkörniges Tannin, ein wenig adstringierend, der Wein wirkt dabei saftig und verfügt über eine interessante untergründige Säure. Mit Einschränkungen gut, wird aber wahrscheinlich wieder besser – Spätburgunder hat seine Launen und dieser hier ist gerade nicht in der bestmöglichen!
Beim „Kirchgasse“ (2017) vom Weingut Wöhrle gibt es auch ein Fragezeichen, allerdings noch mehr Ausrufezeichen: Die Nase (Schweiß, Wurzelholz, Pilze, Nüsse) ist schon mal eine Ansage. Bei jedem Schwenken kommt noch etwas dazu. Am Gaumen dann rote Beeren, Süßholz und Stein. Das Tannin ist fein strukturiert, die Säure dezent. Das Fragezeichen kommt daher, dass dieser Pinot erst in sich ruhend daherkommt, dann auf einmal das Extrakt und die Mineralität fast explodieren! In die Kategorie eleganter badischer Spätburgunder gehört auf jeden Fall der „Henkenberg“ (2016) von Salwey: duftig und am Gaumen mit roten Beeren, etwas Steinigem und viel viel strukturierender Säure. Außerdem der „Enselberg“ (2017) von Franz Keller: Zart mikrobiologische Nase sowie feine Holzfassnoten, am Gaumen sehr schön ausgewogen (Frucht, Balsamik, Gestein). Ein eleganter Wein, der trotzdem einen guten Trinkfluss hat.
Besprochen kann hier natürlich nur werden, was gezeigt wurde. Unterm Strich lässt sich sagen: „Den“ badischen Spätburgunder gibt es nicht. Und wie man in der Weinbauzone B mit dem Plus an Wärme umgeht, ist auch unterschiedlich. Umso besser, möchte man meinen: So kommt jeder auf seine Kosten!