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Faux pas kompliziertes Weinrecht

Wein-Fehler: Keine sensorischen Mängel, sondern sprachliche Faux Pas aus der Welt des Weins.

Bisweilen hört man, Wein sei zu kompliziert. Das stimmt. Zur Illustration ein paar „Wein-Fehler“, die uns in letzter Zeit über den Weg gelaufen sind.

Wein-Fehler 1: Das Etikett
Wein-Fehler Etikett Protected designation destination of Origin
Eine Flasche Wein mit der Destination: internationaler Markt.

Produkte an ihre Herkunft zu knüpfen ist eine hervorragende Idee, derer sich die Europäische Union besonders angenommen hat. Dass ein Bordeaux aus Bordeaux und ein Barolo aus Barolo zu stammen habe, kann man als konsensfähig betrachten. Dass so etwas Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) heißt und was diese von einer Geschützten Geographischen Angabe (g.g.A.) unterscheidet, weiß dagegen nicht unbedingt jeder.

Für Winzer ist das ihr täglich Brot. Denn sie müssen wissen, ob sie einen Wein, dessen Trauben sie im Nachbarort anbauen, nach der Ursprungsbezeichnung des Nachbarorts benennen dürfen oder nicht. (siehe Loire-Wein) Aber auf welche Weise schreiben sie „Geschützte Ursprungsbezeichnung“ aufs Etikett? Seit rund zehn Jahren schreibt die EU das vor. Eigentlich. Die deutschen Winzer schreiben aber lieber weiterhin Qualitätswein auf die Flasche und irgendwo Mosel oder Baden. Die Franzosen lieben ihre AOC, Appellation d’Origine Contrôlée, obwohl es mittlerweile AOP, Appellation d’Origine Protégée heißen müsste. Bei den Italienern steht auch statt DOP weiterhin DOC oder DOCG. Und so fort. Das alles verzeiht der Konsument, weil man es doch irgendwie versteht.

fragwürdige Übersetzung
In der eigenen Sprache ist es immer einfacher.

Was schreiben die Griechen eigentlich an dieser Stelle? Das weiß außerhalb Griechenlands keiner so genau. Exportorientierten Winzern leuchtet es allerdings ein, sich irgendwie verständlich machen zu müssen. Also Englisch zu verwenden. Protected Designation of Origin, PDO, wäre das dann. Vorbildlich. Weg mit den alten Gewohnheiten und sprachlich über den eigenen Schatten gesprungen. Aber bei dem bürokratischen Wortungetüm hat sich dann leider ein Fehler eingeschlichen: Protected Destination of Origin steht da, vorne auf dem Etikett. Lost in translation. Wein ist zu kompliziert.

 

Wein-Fehler 2: Die EU-Verordnung

Wer aber meint, die EU-Bürokratie selbst sei vor Wein-Fehlern gefeit, der irrt. In der Verordnung 1166/2009 der EU-Kommission, in der es um die Umbenennung der Rebsorte Prosecco in Glera geht (siehe Kuriose Weingesetze), gibt es ganz am Ende noch eine winzige Korrektur der Verordnung 606/2009. Dort müsse es an einer Stelle heißen: „Der im Simulator auftretende Gehalt muss für alle vorgefundenen Verbindungen insgesamt geringer als 50 µg/l sein.“ Solche eine Richtigstellung erweckt natürlich Neugierde. Worum also ging es in der anscheinend fehlerhaften Verordnung?

Wein Recht kompliziert
Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen: Beim Wein den Durchblick zu behalten ist eine Herausforderung.

Wie der kleine Auszug schon vermuten lässt, um eine sehr technische Angelegenheit. Kurz gesagt um Bestimmungen, unter welchen Umständen dem Wein Kalium und Kalzium entnommen werden können, um Weinstein vorzubeugen. Und wo war nun der Wein-Fehler? In der Urfassung stand da „50 g/l“. 50 Gramm oder 50 Mikrogramm, also 50 Millionstel Gramm, ja, das ist ein Unterschied. Sind 50 Gramm Salz pro Liter Suppe vielleicht zu viel? Natürlich, sagt uns der gesunde Menschenverstand. Bei technisch komplizierten Sachverhalten und komplizierten Sätzen verlieren wir aber unser Gespür dafür, ob etwas plausibel ist. Und muss man den unschädlichen Weinstein überhaupt verhindern? Wein ist zu kompliziert.

 

Wein-Fehler 3: Die literarische Übersetzung
Wein-Fehler Übersetzung Literatur
Diese englische Landschaft sieht übersichtlich aus. Bei einem literarischen Text gibt es dagegen viele Herausforderungen.

Der britische Autor Roald Dahl scheint eine Faszination für Wein gehabt zu haben, jedenfalls kommt er in seinem Werk verschiedentlich vor. In einer seiner wendungsreichen Kurzgeschichten mit dem Titel „Geschmack“ kommt der Hausherr doch tatsächlich auf die geschmacklose Idee, seine Tochter als Wetteinsatz zu bieten. Worauf er setzt? Dass sein sehr unsympathisch wirkender Gast, der aber sensorisch ziemlich gut zu sein scheint, bei einer Blindprobe daneben liegen wird.

Wein-Fehler kompliziertes Weinrecht
Wenn beim Wein doch alles so übersichtlich wäre!

„Wir setzten uns, und plötzlich erinnerte ich mich, daß Mike bei jedem der vorangegangenen Besuche gefragt hatte, ob Richard Pratt sich zutraue, das Wachstum und den Jahrgang des französischen Rotweins zu bestimmen.“ Das Wachstum? Was soll das denn bedeuten? Der Blick ins Original zeigt, dass an dieser Stelle das Wort „breed“ steht. Vorschläge des Wörterbuchs sind „Zucht“ oder „Rasse“, das hilft hier nicht weiter. Nach dem Zusammenhang und dem weiteren Verlauf der Geschichte könnte Dahl vielleicht Herkunft gemeint haben. Warum hat er es dann nicht so hingeschrieben? Vielleicht ist „breed“ englischer Weinsprech aus der Entstehungszeit von „Geschmack“. Selbst wenn, woher soll der Übersetzer das wissen? Wein ist zu kompliziert.

2 Kommentare

  1. Breed: Wieso nicht einfach Sorte, Rebsorte? Das Versagen des Übersetzers muss doch nicht verschlimmbessert werden.

  2. Sehr geehrter Herr Franz,

    herzlichen Dank für Ihre interessanten Blog.

    Ich informiere ab und an meine lieben Weinbrüder in unseren „Vermischten Notizen“ über Ihre Kommentare.

    Freundliche Grüße
    R. Schuster

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