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straighte Weine

Wie schmeckt straight

Ein Begriff macht in der Weinsprache Furore

Tobias Krämer Rheinhessen straight Weißweine
Sieht nur schräg aus, ist aber straight.

„Die Weine waren rebsortentypisch, prägnant, straight und charaktervoll – und das auf durchgehend hohem Niveau.“ So liest es sich im „Mittelrhein-Weinführer“ im World Wide Web über das Weingut Sebastian Schneider am Mittelrhein. Auf hohem Niveau straight? Und wie schmeckt das?
Tobias Krämer, vom gleichnamigen Weingut in Rheinhessen, muss es wissen. Seine ganze Weißweinserie heißt so: „Straight“. Für den Mittzwanziger bedeutet das: „Schlank, aufs Wesentliche reduziert; kühle Aromatik, mineralisch; weniger die Frucht, der Boden soll sich ausdrücken.“ Ein einziges Wort, um all das auszudrücken, das wäre freilich praktisch.

Gerade Linie
straight Weinberg Libanon Bekaa Ebene
Überwiegend geradlinig: Weinberg im Libanon.

Die gerade Linie „vom Berg über den Keller in die Flasche“ verfolge er bei seinen Weißweinen, erzählt Krämer. Diese Art von Konsequenz schwebt auch der Sommelière und Eventmanagerin Claudia Stern vor, wenn sie das Wort benutzt: „Straight bedeutet: Der Wein hat eine klare Linie, vom ersten Eindruck des Riechens bis zum Nachhall. Nicht verspielt, sondern komplex. Dieser Weinstil ist im Kommen.“ Vielleicht bedurfte es deshalb eines neuen Wortes, einer Art Chiffre, um diesen Typus Weißwein zu bezeichnen?
Für den Fall, dass dieser Stil richtig einschlägt, gibt es auch schon das passende Glas dafür: Das Modell „Straight“ aus der Serie „Vision“ von Zieher. Silvio Nitzsche, Sommelier und Betreiber der Weinkulturbar in Dresden, hat die Gläser entworfen. Das Modell „Straight“ mache die Weine frisch, erläutert er, die Aromatik der Rebsorte werde eins zu eins wiedergegeben. Warum das Ganze auf Englisch? „Die Gläser werden weltweit vermarktet“, erklärt er.

„Straight“ oder „geradeaus“?
straighte Weine
Breitschultrig passt nicht ins Schema.

Auch Kordula Geier vom fränkischen Weingut Juliusspital bezeichnet den 2016er Weißburgunder Gutswein bei der VDP-Weinbörse in Mainz als „sehr straight“. Ebenfalls bei ihr, so sagt sie, spiele hinein, dass sie viel mit internationalen Experten rede. Das „Switchen“ zwischen den Sprachen hinterlasse dabei seine Spuren, auch wenn sie das nicht anstrebe. Was sich für sie hinter dem Begriff verberge? Vor allem Mineralität und zitrische Noten, sagt sie. „Wie ein Sorbet, das einen nicht satt macht, sondern Frische im Mund vermittelt.“ Auf jeden Fall nicht breitschultrig und barock.
Vom Gegenteil her geht auch Weinakademiker Thomas Curtius bei einem Australien-Tasting an die Sache heran. Über einen Sémillon sagt er: kein biologischer Säureabbau, keine lange Hefestandzeit, wenig Schönung „und danach direkt in die Flasche“. Kalt vergoren sei der Weiße aus dem Hunter Valley, habe gerade eben 11 Volumenprozente Alkohol und sei sehr – „geradeaus“. Ob das dasselbe wie „straight“ ist?

straight Weingläser Kölner Dom
„Dieser Weinstil ist im Kommen.“


(weitere Blogbeiträge zu sprachlichen Themen: Etiketten und Etikette und Skurrile Weinnamen)

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