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griechischer Wein Sekt Flaschengärung

Geschmacksreise in ein nahezu unbekanntes Weinland

griechischer Wein Sekt Flaschengärung
Griechischer Wein, pardon, Sekt!

Wann haben Sie das letzte Mal griechischen Wein getrunken? Eben. Woran liegt es eigentlich, dass wir Weine trinken, die aus dem letzten Winkel der Erde herangeschippert werden, die Erzeugnisse einer der ältesten Weinbaunationen jedoch weitgehend ignorieren? Nun, statt nach theoretischen Gründen zu suchen, haben wir einfach mal die Tropfen einiger griechischer Winzer probiert!
Wie könnte so ein Tasting schöner ausfallen als unter nicht nur sachkundiger, sondern auch freundlicher Anleitung eines Vertreters dieser Nation! Am besten noch zusammen mit ein paar netten Menschen und einigen griechisch-mediterranen Speisen.

Schon der Beginn war für uns eine Novität: Griechischer Sekt! Wo kann man sowas überhaupt kaufen?, geht es uns durch den Kopf. Der Rosé aus dem Hause Amalia, der mit einer floralen Nase daherkommt und im Mund dezent an Erdbeere erinnert, mild und nicht zu trocken wirkt, bildet schon einen unkomplizierten Start. Der Prickler wurde aus der Rebsorte Agiorgitiko (sprich Ajiorjitiko) gewonnen, die uns an diesem Abend noch mehrfach über den Weg laufen wird. Eine Stufe edler ist der folgende, weiße

griechischer Wein griechisches Essen
Muss nicht sein, passt aber natürlich optimal zu griechischem Wein: griechisches Essen.

Sekt aus der Kellerei Douloufakis. Auch hier haben wir wieder eine florale Nase, in die sich Hefetöne einspinnen, im Mund treten eine Zitrusnote sowie etwas Nussiges hinzu. Die Perlage ist vielleicht nicht perfekt, aber es handelt sich um einen durchaus ernstzunehmenden Vertreter der auf der Flasche vergorenen Schaumweine.

Moscofilero oder Moschofilero?

Dann geht es zu den Weißweinen. Der erste Mini-Flight – drei Gläser – besteht aus Weinen aus der Moscofilero- (oder Moschofilero) Traube. Wir müssen zugeben, von dieser Rebsorte haben wir noch nie zuvor gehört. Eine weitere Schwierig- oder zumindest Gewöhnungsbedürftigkeit fällt auf, wenn man sich die Etiketten anschaut: Auf den meisten, wenn auch längst nicht überall und durchgängig, wird das lateinische Alphabet verwendet. Aber auf eine verbindliche Schreibung für die Transkription aus dem Griechischen hat man sich offensichtlich bislang nicht einigen können. Das ist sicher kein Drama, aber eben auch nicht unbedingt hilfreich bei der Gedächtnisarbeit oder wenn man den Namen in eine Suchmaschine eingeben möchte.
Da der erste Kandidat aus der Kellerei Skouras einen Muskat-Ton hat, überlegen wir sogar, ob Moscofilero so etwas wie Muskateller heißen könnte? Glücklich, wer in solch einer Situation sogleich jemanden fragen kann, der des Griechischen mächtig ist und die Frage in diesem Fall verneinen muss. Tatsächlich geht den nächsten beiden Proben diese Note auch völlig ab.

griechischer Wein Etiketten mehrere Sprachen
Moscofilero, Moschofilero? Griechisch, französisch, englisch, deutsch? Griechische Weinetiketten wollen verstanden werden.

Anschließend steht die weiße Traube Malagousia (oder Malagouzia, je nach Schreibung) im Mittelpunkt. Die ist uns schon mal irgendwann untergekommen und wir freuen uns über das Wiedersehen! Die erste von Porto Carras hat eine interessante Grapefruitnote, wir finden den Wein insgesamt allerdings ein bisschen dünn. Der nächste von Ktima Gerovasilliou gefällt uns in diesem Mini-Flight am besten, neben Apfel und Limette findet sich zwar auch ein leichter Ton von angelaufenem Obst, aber insgesamt ist der Wein frisch, hat eine gute Säure und einen schönen Trinkfluss.

Griechischer Wein: Neuland aus der Alten Welt

Eingestreut wird ein Wein namens Dafnios. Erst auf den zweiten Blick verstehen wir, dass das, was da unter einer abstrahierten Darstellung eines mit Bäumen bewachsenen Hügels in der gleichen Farbe zu sehen ist, geschwungene griechische Buchstaben sind, die den Namen der Kellerei angeben: Douloufakis. Der Wein kommt aus Kreta und wurde aus der Rebsorte Vidiano gekeltert. Schon wieder Neuland aus der Alten Welt! Apfel, Mandel, Orangenzeste, ein interessanter Weißer; nur der Nachhall gerät ein wenig kurz.

griechischer Wein Assyrtiko aus Santorini
Gestatten: Assyrtiko von der griechischen Insel Santorini.

Auf den Assyrtiko waren wir besonders gespannt! Eine autochthone Rebsorte, die selbst in Griechenland nur an wenigen Standorten angebaut wird, insbesondere auf Santorini. Auf jeden Fall ist sie ziemlich berühmt. Fragen Sie mal Bekannte nach griechischen Rebsorten; zumindest unsere Erfahrung ist, dass der Assyrtiko gerne genannt wird! Der erste, von Thalassitis, setzt im Mund direkt ein Ausrufezeichen: Eine phenolische Prägung, die durch eine deutliche Mineralik sowie stabile Tannine (!) unterstützt werden, macht sich sogleich interessant. Der nächste, von der Kellerei Gaia, wirbt auf dem Etikett mit Spontanvergärung, fällt allerdings vor allem durch Holzfassnoten (Röstbrot, Vanille) auf.

Bei den Rotweinen geht es sogleich wieder mit einer uns bis dato unbekannten Rebsorte los: Limnio. Dieser ist von der uns nun schon von den Weißweinen bekannten Kellerei Porto Carras und verbreitet in der Nase eine ansprechende Würze, zeigt am Gaumen Kirsche, Pfeffer und ein etwas sandiges Tannin. Ein frischer Wein.

Weinetiketten und das Orakel von Delphi
griechischer Wein Anastasios Liolidis
Froh, wer nicht orakeln muss: Botschafter des griechischen Weins Anastasios Liolidis.

Nun ist der Agiorgitiko wieder am Zug, mit dem wir beim Sekt ja schon Bekanntschaft gemacht hatten. Der von Skouras ist sehr frisch, sehr jung, sehr von Erdbeer- und Kirschnoten geprägt. Saint George steht auf dem Etikett: Hat man dem Produkt diesen Namen gegeben? Oder soll es verdeutlichen, dass Aghiorghitiko, wie es wiederum auf dieser Flasche in unser Alphabet gebracht wurde, den Heiligen Georg bedeutet, einer der bedeutendsten Heiligen in Griechenland? Wo nicht in griechischen, sondern in lateinischen Lettern geschrieben wird, geschieht dies im Übrigen mal auf Deutsch, mal auf Französisch, mal auf Englisch. Viele Etiketten verhalten sich wie das Orakel zu Delphi: Man bekommt Antworten, man muss sie aber zu deuten wissen. Aber bleiben wir beim Wein: Das Geschmacksbild des Agiorgitiko „by Gaia“ gefällt uns gut: feinduftig, im Mund schlank, Kirsche, schöne Säurespur. Der große Bruder, auf dessen Etikett Gaia Estate steht, was aber dasselbe Weingut ist, bringt Holzfassnoten (Röstaromen, Kokos) sowie ausgeprägtere Gerbstoffe mit ein und eine tolle Würzigkeit – ein klasse Wein!

griechischer Wein Xinomavro schwarze Saure
Was steht da? Xinomavro, die schwarze Saure.
Die schwarze Saure

Etwas später steht der Xinomavro auf dem Programm. Wörtlich heißt das die schwarze Saure. Und der erste Wein macht diesem Namen alle Ehre: Der von Naoussa ist in der Tat sehr säuregeprägt. Und das, obwohl der Rote von 2007 ist! Der 2010er Synoro von Skouras spricht uns stärker an: Auch dieser hat eine merkliche Säure, die dem Wein aber eine angenehme Frische verleiht, die mit den Bleistift- und Cassistönen eine aparte Kombination eingeht.

Wie immer gibt es Dinge, die einem besser, und manche, die einem nicht ganz so gut gefallen. Aber auf jeden Fall sind wir der Ansicht, dass griechische Weine zu Unrecht hierzulande kaum anders denn als Retsina genossen werden. Erstaunlich ist auch, wie schlank und frisch griechischer Wein sich in vielen Fällen darbietet, obwohl wir uns doch in der Anbauzone 3 der Europäischen Union bewegen, wo die Temperaturen sowie die Zuckergehalte häufig sehr hoch und die Säure oft so niedrig ist, dass laut Europäischem Weingesetz sogar gesäuert werden dürfte, damit

griechischer Wein Flaschen Auswahl
Auch für den Weinfreund manchmal etwas unübersichtlich: griechischer Wein.

die Erzeugnisse nicht zu breit werden. Überkonzentrierten Wein haben wir an diesem Abend keinen einzigen im Glas gehabt, dafür viele charakterstarke Tropfen.
(siehe auch Weine aus Kanada und Bolivien)

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