Die Deutschen trinken mehr trocken, zahlen mehr und entkorken eine Flasche Wein weniger: Wie der Weinkonsum in Deutschland sich entwickelt hat.

22,3 Liter Wein haben die Deutschen zuletzt getrunken. Das geht aus Zahlen des Deutschen Weininstituts hervor. Im Jahr vorher waren es 23,1 Liter, jeweils inklusive Sekt. Damit ist man hierzulande gewissermaßen im Trend, schaut man auf die fünf Länder, in denen am meisten Wein getrunken wird. Es fiel der Weinkonsum in Deutschland, aber eben auch in den USA, in Frankreich, Italien und Großbritannien. Am stärksten war der Rückgang in den USA mit minus 2,9 Prozent.
Weniger Wein, viel Spirituosen

Bei den Gründen für den fallenden Weinkonsum in Deutschland lässt sich nur mutmaßen. Zum einen stiegen die Preise, nämlich quer durch das Weinregal um fünf Prozent. Eine Flasche kostete somit durchschnittlich 3,06 Euro. Gesellschaftlicher Wandel und kritische Berichterstattung über Wein könnten weitere Gründe darstellen. Vor dem Hintergrund der lebhaft geführten Diskussionen über die gesundheitlichen Aspekte von Wein fällt in dem Zahlenwerk des Deutschen Weininstituts allerdings auch etwas anderes auf: Der Konsum von sehr alkoholhaltigen Getränken lässt sich als hoch bezeichnen: Zuletzt waren es 5,1 Liter Spirituosen pro Kopf. Dazu ist er erschreckend stabil. Die Fünf vor dem Komma findet sich bis zum ältesten in der Zahlenreihe genannten Jahr, nämlich 2016, als es 5,4 Liter waren. Betrachtet man alle alkoholischen Getränke, sank dagegen der Marktanteil von Wein weiter auf 21,2 Prozent.
Weinkonsum in Deutschland: mehr Importware

Der Weinkonsum in Deutschland ließ die heimischen Gewächse mit minus neun Prozent links liegen. Importierte Weine verloren dagegen in der Menge nur ein Prozent. Der Umsatz der hiesigen Weingüter, Genossenschaften und Kellereien sank dadurch um zwei Prozent, während für Weine aus anderen Herkunftsländern zwei Prozent mehr ausgegeben wurden. Am meisten wurde von südlich der Alpen geliefert: Aus Italien kamen 5.203.000 Hektoliter, und damit nochmal deutlich mehr als im Vorjahr, als es 4.859.000 Hektoliter waren.

Auch Spanien konnte die Ausfuhrmengen nach Deutschland deutlich steigern: 4.281.000 Hektoliter, nach 3.681.000 Hektolitern im Vorjahr. Frankreich konnte zwar etwas höhere Preise durchsetzen, nämlich 469 Euro pro Hektoliter, lieferte aber auch weniger als im Vorjahr, und zwar 1.682.000 Hektoliter. Wer konnte die krasseste Veränderung herbeiführen? Die Niederlande! Rund 128 Prozent mehr Menge waren es zuletzt. Allerdings fiel diese mit 4.000 Hektolitern eher bescheiden aus.
Welt-Weinproduktion fällt

Die weltweite Weinproduktion ist zum Vorjahr um 9,1 Prozent gefallen. Angesichts des fallenden Konsums in den oben genannten Ländern dürfte das die Preise zumindest stützen. In Sachen Menge belegt Frankreich mit 48 Millionen Hektolitern den ersten Platz und hat Italien überholt. Möglicherweise wird dieser Wechsel jedoch nicht von Dauer sein, kelterte Italien im Betrachtungszeitraum mehr als zehn Millionen Hektoliter weniger, was unter anderem an Wetterextremen lag. In Deutschland sank die gekelterte Menge zart von 8,9 auf 8,6 Millionen Hektoliter.
Trocken auf Platz eins

Welche Geschmacksrichtung dominierte bei den in Deutschland von der Qualitätsweinprüfung kontrollierten Weinen? Trockene Weine. Das mag nicht überraschend klingen, ist es aber. Denn es ist keineswegs so, dass ganz überwiegend trockene Weine getrunken würden. Noch im vorangegangenen Betrachtungszeitraum überwogen die halbtrockenen, lieblichen und süßen Weine in der Summe. Jetzt hat Trocken leicht überholt: 3.595.000 Hektoliter gegenüber den nicht-trockenen, die zusammen auf 3.391.000 Hektoliter kamen. Die Güter, die die Weine hierzulande keltern, werden indes immer größer: Nur die Zahl der Betriebe mit 20 und mehr Hektar nehmen zu im langjährigen Trend seit 2010. Aber auch im Vergleich zu einem jüngeren Vergleichsjahr, nämlich 2020: Seitdem nahm die Anzahl solcher Betriebe deutlich von 1051 auf zuletzt 1200 zu.
Blick in die Anbaugebiete

In welchen deutschen Anbaugebieten ging es mit der Weinmosternte gegenüber dem Vorjahr am stärksten rauf? In Sachsen mit plus 15 Prozent. Am stärksten runter ging es dagegen am Mittelrhein, dort wurden 19 Prozent weniger Most gekeltert. Auch bei den durchschnittlichen Erträgen pro Hektar bildete der Mittelrhein mit 52 Hektolitern pro Hektar das Schlusslicht. Spitzenreiter war die Pfalz mit durchschnittlich 104 Hektolitern auf den Hektar und damit auch das einzige Anbaugebiet, das Durchschnittserträge jenseits der 100 Hektoliter aufweisen konnte.

Wurden bei der Qualitätsweinprüfung aus dem Anbaugebiet Mittelrhein erwartungsgemäß überwiegend Weißwein und darunter 63,3 Prozent Riesling angestellt, so entsprechen die Zahlen von der Ahr vermutlich nicht den Vorstellungen. Aus diesem für Spätburgunder bekannten Anbaugebiet wurden nämlich insgesamt deutlich mehr Weiß- und Roséwein angestellt als Rotwein, nämlich 21.000 Hektoliter gegenüber 16.000 Hektolitern.
Qualität
Die Qualitätsbeurteilung auf ganz Deutschland bezogen lautete gut bis sehr gut, während es für die Jahre davor bis einschließlich 2018 immer sehr gut hieß. Schlechter als gut war es zuletzt 1991 mit mittel, noch schlechter 1984 mit mittel bis gering.

Beliebte Rebsorten
Die mit Riesling bestockte Fläche schrumpft. Zwar nur ein wenig, aber doch erstaunlich angesichts der deutschen Paradesorte. 24.388 Hektar waren es zuletzt, nach 24.410 Hektar im Vorjahr. Grauburgunder dagegen läuft und läuft und läuft: 8.372 Hektar waren es nun, nach 8.094 Hektar im Jahr zuvor. Chardonnay scheint nicht mehr wegzudenken aus deutschen Weingärten und wächst: auf 2.912 Hektar nach 2.731 Hektar im Vorjahr. 1995 waren es nur 271 Hektar!
Beim im Fokus stehenden Betrachtungszeitraum der „’24 / ’25 Deutscher Wein Statistik“ des Deutschen Weininstituts handelt es sich teilweise um das Weinwirtschaftsjahr 2022/2023, teilweise um 2023.
Ein Kommentar
Nichts gegen die guten Sachen, die unsere Kollegen im Ausland produzieren. Es wäre dennoch wünschenswert, wenn sich mancher Weinliebhaber einmal zumindest versuchshalber darauf einlassen würden, einmal einheimische Weine in den Vordergrund zu rücken und sie zumindest zu kosten.
Noch immer scheinen hartnäckige Vorurteile gegen deutsche Rotweine zu bestehen – sehr schade, denn in der heimischen Weinlandschaft hat sich sehr viel Positives getan, und wir können durchaus in vielerlei Hinsicht mit den Importprodukten mithalten. Zudem wäre es ein Pluspunkt für die Nachhaltigkeit, Weine zu genießen, die ohne riesige Transportwege – teilweise um den halben Erdball – in die Gläser gelangen.