Was einem nicht unbedingt in den Blick fällt, sind entlegene Weine. Diese hier lohnen, in den Blick genommen zu werden.
Was entlegene Weine sind und was nicht, ist natürlich relativ. Einige entstehen an weit entfernten Orten, andere an schwer zugänglichen, manche sind einfach nicht so präsent. Und bisweilen kommt alles zusammen. Umso schöner, wenn man solche Weine trotzdem findet!
England
In die Kategorie verwegene oder zumindest entlegene Weine gehören für viele Weinfans hierzulande noch immer Gewächse aus England. Zu Unrecht, muss man zumindest hinsichtlich der Schaumweine sagen, die in vielen Fällen hervorragend sind. In besonderem Maße der Fifty One Degrees North aus dem Hause Gusbourne. Der 2014er aus Kent wurde aus Chardonnay und Pinot Noir gekeltert und steht hellgelb, mit zart grünlichen Reflexen im Glas. Schönes Bouquet von Brioche, Hefekuchen, Apfelschale und Limettenzeste. Geschwenkt treten die zitrischen Aromen stärker hervor. Der English Sparkling schäumt weich und charmant am Gaumen auf und schmeckt vor allem nach Winterapfel, Zitrusfrüchten und Butterkeks, die Säure ist präsent und belebend, die Textur sanft. Sehr animierender Schaumwein.
Ukraine
Ziemlich entlegene Weine sind ukrainische Weine. Hinfahren ist im Moment mehr als schwierig und kaufen kann man die Weine hierzulande bisher so gut wie nicht. Das soll sich aber ändern, suchen ukrainische Weingüter vermehrt nach Exportmöglichkeiten, um Einnahmen zu generieren und die Betriebe am Laufen zu halten. Wie schmeckt das dann? Etwa der Sukholimanskiy, das ist eine weiße in der Ukraine gezüchtete Rebsorte, des Weinguts Villa Tinta. Der 2020er aus Odessa liegt wasserhell im Glas und zeigt eine verhaltene Nase. Nimmt man einen Schluck, ist da Schmelz, viel Schmelz. Sowie etwas exotische Frucht, die an Papaya erinnert, dazu eine untergründig aktive Säure. Warmer, schöner Wein.
Griechenland
Verstreut im Ägäischen Meer liegen die Kykladen und die kleine vulkanische Insel Santorin ist besonders weit entfernt vom griechischen Mutterland. Dass hier mit einer besonderen Anbautechnik tolle Weine aus der Rebsorte Assyrtiko gewonnen werden, ist sicher kein Geheimtipp. Da die Mengen klein ausfallen, sind einige Weine dennoch wenig präsent. Sehr gut ist etwa der Pure von Matthew Argyros.
Der auf vulkanischen Hängen gewachsene Assyrtiko aus 2018 duftet mikrobiologisch sowie nach Keller und weißen Blüten. Am Gaumen präsentiert er sich sanft, gleichwohl dicht, und schmeckt nach weißen und gelben saftigen Früchten und zart nach Gebäck. Im Abgang zeigt sich eine kompakte, vitale Säure. Spannungsvoller Wein.
Deutschland
Ja, auch Deutschland bietet entlegene Weine. Oder wann hatten Sie zuletzt einen sächsischen Wein im Glas? Zu Unrecht, muss man unbedingt sagen etwa angesichts des Riesling Goldener Wagen „Terrassen“. Der 2020er von Schloss Wackerbarth duftet nach Keller, feuchtem Schiefer und Petrol. Nimmt man einen Schluck, ist da Grapefruit, der trockene Weißwein ist dicht, mineralisch, etwas stoffig und verfügt über eine untergründige sehr vitale Säure. Schön verpackt durch einen schönen Schmelz. Klasse Wein! (auch entlegen: Deutscher Wein aus Frankreich)
Nordmazedonien
Wein gibt es in Nordmazedonien eine Menge, in Deutschland ist davon nicht sonderlich viel erhältlich. Und wenn, dann steht wohl meist der Name des mit etwa 15 Millionen Flaschen pro Jahr größten Produzenten, Tikveš, auf dem Etikett. Aus dem ebenfalls Tikveš lautenden Anbaugebiet kommt dieser Orange Wine des Familienweinguts Lazar. Er besteht zu 90 Prozent aus Smederevka, vielleicht nicht die spannendste Rebsorte, umso schöner, damit ein kleines Experiment zu wagen. Der Wein zeigt sich aprikosenfarben und duftet nach Orangenschale und nassem Kiesel. Nimmt man einen Schluck, sind da Blutorange, Pomelo, Hibiskus und Zitrone. Leichter Schmelz, merkbarer Gerbstoff. Der Körper ist mittel, die Säure sehr vital im Abgang. Überraschender Wein!
…auf Seite 2 folgen rote entlegene Weine, auch aus Japan! 
