Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei: Einigen Weisheiten lässt sich kaum widersprechen. Und die anderen werden bestimmt wahrer, je öfter man sie hört! Oft gehört haben wir in den letzten Jahren folgende Winzer-Weisheiten. Sie nicht? Dann auf zur nächsten Weinprobe!
Wir arbeiten das ganze Jahr auf die Lese hin!
In den Tropen gibt es zwei bis drei Weinlesen im Jahr. In unseren Breiten ist dagegen bisher nur eine Lese üblich. Da ohne Trauben kein Wein und ohne Wein kein Winzer, hat unter den Winzer-Weisheiten diese unbedingt ihre Berechtigung! (siehe auch Wein-Bücher III)
Wir verzichten auf Pumpen, bei uns läuft alles mit Schwerkraft!
Im Keller müssen Most und Wein durchaus ein paar Mal von hier nach dort und von dort nach hier bewegt werden. Gemeinhin nimmt man dafür Schläuche, zum Überwinden der Schwerkraft helfen Pumpen. Diese haben aber für die Qualität des Weins kein so gutes Image mehr. Ob berechtigt oder nicht, ist schwer zu sagen. Das Nicht-Pumpen ist jedenfalls eine so oft gehörte Aussage, dass man nicht mehr über ihren Sinn zu diskutieren wagt. Übrigens: Die Aussage „Wir arbeiten mit Schwerkraft“ – also ohne das Wort „immer“ oder „überall“ – kann, muss aber erfahrungsgemäß nicht bedeuten, dass im Keller nirgends eine Pumpe herumsteht!
Hier drückt sich nur die Traube aus!
Das sollte man bei Wein schließlich auch meinen? Irgendwie schon, schließlich wird Wein aus Trauben gemacht! Wer schon einmal in einem Fachgeschäft für Winzerbedarf war, weiß allerdings auch, dass es fast nichts gibt, was es eben doch gibt. Aber beim reinen Ausdruck der Traube sind massive Eingriffe in Aromen, Tannine, Trubstoffe sicher nicht vorgesehen. Sie meinen, es sei trotz allem die ureigene Aufgabe des Winzers, seinen Wein in eine bestimmte Richtung zu bringen? Heute wird sich eben lieber hinter die Traube gestellt. Bescheidenheit ist eine Zier!
Was im Weinberg nicht gelingt, kann im Keller nicht nachgeholt werden!
Sie finden diese Aussage banal? Kann nicht sein, denn sie gehört zu den meistventilierten Winzer-Weisheiten überhaupt! Die Blüten haben Spätfröste abbekommen? Der zweite Frühling im Keller: leider ausgeschlossen. Die Traube ist im Weinberg nicht reif geworden? Im Keller wird sie es nimmermehr. Die Vögel haben die Beeren abgepickt? Sie sind verloren, daran lässt sich wahrlich nichts ändern. Diese Weisheit dürfte unumstößlich sein! Ach, Sie meinen, das sei eine Anspielung auf irgendwelche Mittelchen, die im Gärtank manches Zuviel oder Zuwenig in den Trauben ausmerzen sollen? Hm, tja, diese Mittel haben sich wohl nicht bewährt, anders kann man die Weisheit sonst eigentlich nicht entschlüsseln!
(siehe auch Labor Weingut)
Wein ist ein Erzeugnis aus dem Kreislauf der Natur!
Der Mikrobiologe Claude Bourguignon soll zwar gesagt haben, es gebe in der Sahara mehr Leben als in manchen Weingärten der Bourgogne. Aber das ist natürlich böse. Außerdem gehört die Sahara ja auch irgendwie zur Natur. Blühen, Reifen, Frucht bringen, Ruhen: So macht es die Rebe, so lang sie denken kann. Und der Wein entsteht immer nach Punkt drei dieses Kreislaufs. Deswegen auch bei dieser Weisheit: check √
Wir praktizieren im Keller kontrolliertes Nichtstun!
Sie mögen sich fragen, was das sein soll? Nun, stellen Sie sich vor, Sie liegen auf der Couch und schauen fern. Das entspricht dem Nichtstun. Und doch achten Sie darauf, dass vor Ihnen ein kaltes Getränk und etwas zum Knabbern steht, der richtige Kanal am Fernseher eingestellt bleibt und die Sofadecke nicht runterrutscht. Die Situation ist unter Kontrolle. So ähnlich hält es dieser Winzer im Keller anscheinend auch. Können so große Weine entstehen? In vielen Fällen schon, bloßes Understatement einmal ausgeschlossen! Wer hätte gedacht, dass es so einfach sein kann?
Die Holzfässer geben nur Struktur, der Wein soll nicht nach Holz schmecken!
Schade natürlich für diejenigen, die gerne mal in die Tischplatte beißen! Für alle anderen ist diese Information natürlich basal, denn sonst hätte man doch nie, aber auch niemals einen Wein aus einem Holzfass gekauft! Ziemlich in sind im Moment ja wieder Betontanks, Betoneier sorgen für noch mehr credibility. Doch was, wenn sich das irgendwann wieder ändert? Womöglich werden die Winzer-Weisheiten dann um einen Satz reicher: Die Betoneier sollen nur der gleichmäßigen Gärung dienen, der Wein soll nicht nach Beton schmecken? Warten wir es ab!